EDA 10: Anton Rubinstein | Dmitri Shostakovich: Piano Quintets
II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 Bitte wählen Sie einen Titel, um hineinzuhören
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I: Anton Rubinstein – Piano Quintet in G minor op. 99 (1876)
1 Molto lento – Allegro moderato
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I: Anton Rubinstein – Piano Quintet in G minor op. 99 (1876) 1 Molto lento – Allegro moderato 2 Moderato
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I: Anton Rubinstein – Piano Quintet in G minor op. 99 (1876) 2 Moderato 3 Variations
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I: Anton Rubinstein – Piano Quintet in G minor op. 99 (1876) 3 Variations 4 Moderato
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II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 I: Anton Rubinstein – Piano Quintet in G minor op. 99 (1876) 4 Moderato 5 Prelude
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II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 5 Prelude 6 Fugue
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II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 6 Fugue 7 Scherzo
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II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 7 Scherzo 8 Intermezzo
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II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 8 Intermezzo 9 Finale
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II: Dmitri Shostakovich – Piano Quintet in G minor op. 57 9 Finale In seinem 1897 posthum veröffentlichten "Gedankenkorb" äußert sich Anton Rubinstein (1829–1894) so über sich selbst: "Für die Christen bin ich ein Jude und für die Juden ein Christ; für die Russen bin ich ein Deutscher, für die Deutschen ein Russe; für die Klassizisten bin ich ein Futurist; für die Futuristen ein Reaktionär. Ich bin weder Fisch noch Fleisch, ein beklagenswertes Geschöpf." Diese Selbst-Herabsetzung (Mahler dachte eine Generation später ähnlich von sich) spiegelt sich in den Abbildungen von Rubinstein wider: strenge, versteinerte Gesichtszüge und eine nach hinten gekämmte Löwenmähne, die sehr an Beethoven erinnert - ein Mensch ohne Humor, und doch einer der beeindruckendsten Musiker des 19. Jahrhunderts. Die Familie Rubinstein galt nicht als musikalisch, aber das weibliche Oberhaupt, Clara Levenston aus dem preußischen Schlesien, besaß ausreichend künstlerisches Verständnis, um zu erkennen, dass der junge Anton (und später sein sechs Jahre jüngerer Bruder Nikolai) mehr Erfolg mit einer musikalischen Karriere haben würde denn als Geschäftsführer der väterlichen Bleistiftfabrik. In Moskau übernahm Alexander Villoing (1808–1878), ein berühmter Klavierlehrer, die musikalische Ausbildung des jungen Rubinstein und erkannte sofort das Talent des Jungen. Er nahm ihn mit nach Paris zu Chopin und Liszt. Königin Victoria empfing Anton in London, wo er (im Mai 1842 in den Hanover Square Rooms) von Mendelssohn persönlich zum Klavier geführt wurde. Moscheles war anwesend und erkannte einen "Rivalen für Thalberg, einen russischen Jungen, dessen Finger so leicht sind wie Federn und doch so kräftig wie die eines Mannes." In Breslau spielte er sein erstes veröffentlichtes Stück (die Etüde Ondine), die von Schumann – mit Einschränkungen – gelobt wurde. Als nächstes begab er sich nach Berlin, wo er bei Siegfried Dehn (1799–1858) studierte, einem höchst anerkannten Musikwissenschaftler der Königlichen Bibliothek, der Glinka, Cornelius und Kullak zu seinen Schülern zählte. In diesen Jahren erwarb Rubinstein große Zuneigung für jene deutsche Musik, die seine musikalische Kreativität fest in der Sphäre von Mendelssohn und Schumann gründen sollte statt im Wagner/Liszt-Lager der neuen deutschen Musik oder im russischen Nationalismus. Die nationale russische Schule der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Komponisten wie Bodorin, Rimsky-Korsakov, Balakirev und Mussorgski) konnte ihn, den westlich orientierten Anhänger der deutschen Romantik, nicht als einen der ihren akzeptieren. Und doch ist nicht zu leugnen, dass Rubinstein der erste Russe war, der Klavierkonzerte (fünf) und Symphonien (sechs) schrieb. In Russland ist er in bleibender Erinnerung als Mitbegründer (mit seinem Bruder Nikolai) der beiden bedeutendsten Einrichtungen für musikalische Ausbildung, den Konservatorien in St. Petersburg (1862) und Moskau (1864). Anton war zweimal für kurze Zeit Direktor des ersten. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien (1871) unternahm er eine strapaziöse Tournee durch die Vereinigten Staaten und gab innerhalb von 239 Tagen 215 Konzerte. Zugegebenermaßen hat er dauerhaften Ruhm nicht als Komponist, sondern als Pianist erworben. Als Liszt sich 1847 von der Konzertbühne zurückzog, trat Rubinstein sehr effektvoll dessen Nachfolge an, denn er hatte eine phänomenale Technik und riesige Hände (die Akkorde am Ende des ersten Satzes seines fünften Konzerts belegen seine Spannweite). Er veröffentlichte beinahe 120 Werke, darunter zwanzig Opern oder Bühnenoratorien. Der Dämon (1871) hat in gewisser Weise überdauert, doch die Bemerkung von Paderewski, dass "er für einen Komponisten nicht die notwendige Konzentration oder Geduld hatte", ist nicht weit gefehlt. Alle sechs Symphonien liegen jetzt in Aufnahmen vor. Die zweite (Ozean-Symphonie) war einige Zeit populär und beweist deutlich, dass er Mendelssohn und dessen Hebriden-Ouvertüre viel zu verdanken hat. Zusammen mit der Sechsten, op. 111, hätte sie eine gelegentliche Rückkehr in den Konzertsaal verdient. Es überrascht nicht, dass der Komponist Rubinstein am erfolgreichsten war, wenn er das Klavier einsetzte. Seine beliebteste und bekannteste Komposition war die Melodie in F-Dur op. 3 Nr. 1, von der man im Musikkatalog der British Library nicht weniger als 12 Seiten mit Bearbeitungen finden kann. Seine Klavierkonzerte und Sonaten sind achtbare Kompositionen. Das Klavierquintett op. 99, geschrieben 1876 und zwei Jahre später veröffentlicht, vereinigt große Gedankentiefe und gutes handwerkliches Können mit einem deutlichen Hang zum Melodischen, gestützt auf natürliche Harmonik. Es ist ganz eindeutig das Werk eines Pianisten, denn der Klavierpart bedarf beträchtlicher Virtuosität; aber es gibt auch dankbare Stellen für die Streicher. Der erste Satz beginnt mit einer kurzen Einleitung im rezitativen Stil, die mit Pausen durchsetzt ist und mit einer bravourösen Passage im Klavier abgeschlossen wird. Zwei Charakteristika Rubinsteinscher Komposition fallen sofort im folgenden Allegro moderato auf: chromatische Harmonik und homophone Streicherpassagen, entweder in allen vier Instrumenten gemeinsam oder paarweise der ersten Geige und der Bratsche bzw. der zweiten Geige und dem Cello. Der kraftvollen Coda geht eine weitere kurze virtuose Kadenz im Klavier voraus. Weniger ein Scherzo, sondern eher ein Intermezzo folgt, ein Satz voller Charme und Delikatesse, in dem sich das Ensemble vor allem in einen Dialog zwischen dem Soloklavier und dem Streichquartett begibt, das dazu nach wie vor wenig Kontrapunktisches beizutragen hat. Nur im lyrischen C-Dur-Teil wird dies etwas durchbrochen, wenn die Melodie vom Cello zur ersten Geige wandert. Der langsame Satz besteht aus feinsinnigen Variationen eines sehr einfühlsamen Themas; das temperamentvolle Finale (trotz Rubinsteins hartnäckigen Gebrauchs der bremsenden moderato-Vorgabe) wird von schwungvollen Rhythmen und reicher Pianistik dominiert. Komponisten haben ihre bekenntnishafte und persönlichste Musik für Streichquartett geschrieben. Die intimsten Gedanken von Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) wurden zwischen 1935 und 1974 in fünfzehn davon bewahrt. Er schrieb ebenfalls fünfzehn Symphonien, die beinahe ein halbes Jahrhundert umspannen. Die eklektische Erste (1924) mit ihren Anklängen an Mahler, Stravinsky, die französische Musik der 20er Jahre und Tchaikovsky bedeutete (mit der verständigen Ermutigung durch Glazounov) den Blitzstart seiner Karriere als einer der größten Symphoniker des Jahrhunderts. In der Fünfzehnten hingegen (1971), die er im Schatten des Todes schrieb und mit Zitaten von Rossini bis Wagner versetzte, unternahm er eine emotionale Reise, leichten Herzens zu Beginn, bis hin zur Unabwendbarkeit des Todes. Für Schostakowitsch kam die Wende mit den 30er Jahren. Sie wurden dominiert vom politischen Niederschlag der Stalinistischen Säuberungen, gefolgt vom Ausbruch des Krieges und dem von Anfang an unsicheren Pakt zwischen Deutschland und Russland, der nur zwei Jahre halten sollte. Seine Oper Lady Macbeth von Mzensk (1934) wurde auf Befehl Stalins verdammt, was das ohnehin zerbrechliche Selbstbewusstsein des Komponisten völlig vernichtete. Er wurde von der Presse angegriffen und mit Beschimpfungen überschüttet, die darin gipfelten, dass die Prawda 1936 sein Werk als "Chaos statt Musik" bezeichnete. Seine kreative Produktion richtete sich nach innen, sein Gesicht in der Öffentlichkeit wurde unergründlich, und seine privaten Äußerungen blieben gänzlich verborgen vor Bürokraten, Dogmatikern und katzbuckelnden Kritikern, die ängstlich darauf bedacht waren, ihre politischen Herren und Meister zu erfreuen. Die gestochene, schneidende Schärfe mancher Werke Schostakowitschs rückte nun in den Vordergrund und bekam eine neue verborgene Bedeutung. Die 5. Symphonie war sein Gegenschlag, und sie wurde ein herausragender Erfolg, wenngleich westliche Kritiker damals dazu neigten, sie als Beschwichtigungsversuch gegenüber dem Stalinismus abzuwerten. Abgesehen von einigen bombastischen Passagen im Finale ist diese Sichtweise unbegründet und blieb nicht die vorherrschende Meinung. Schostakowitsch hatte nur andere Mittel und Wege gefunden, dieselbe kritische Botschaft zu übermitteln. Sein 1. Streichquartett (1935) erscheint trivial, wie eine Parodie des Genres mit Hilfe oberflächlichen Materials und einer eklektischen Sprache, doch es ist der Anfang einer Reihe gehaltvoller Meisterwerke, die ihm schließlich zusammen mit Bartók einen Platz unter den größten Komponisten für diese Gattung im 20. Jahrhundert sicherten. Die Quartette wurden für das Beethoven-Quartett geschrieben, das seit seiner Gründung im Jahr 1923 bis 1960 in seiner Besetzung unverändert blieb. Die vier Absolventen des Moskauer Konservatoriums Dmitri Tsiganov, Vasili Shirinsky, Vadim Borisovsky und Sergej Shirinsky hatten Schostakowitsch gebeten, ihnen ein Werk zu komponieren, an dem er auch selbst musizierend teilnehmen könne. Das Resultat war sein zweites Kammermusikwerk, das Klavierquintett op. 57. Die Uraufführung fand am 23. November 1940 im Kleinen Saal des Moskauer Konservatoriums statt. Nach allem, was bekannt ist, war es ein unvergessliches Erlebnis, das am Ende eines Abends stand, an dem drei Quartette anderer sowjetischer Komponisten die Zuhörer nur ermüdet hatten. Schon nach wenigen Takten der Komposition Schostakowitschs war die Atmosphäre plötzlich elektrisiert. Es war klar, dass ein Ereignis von beträchtlicher künstlerischer Bedeutung stattfand. Für einen Kammermusik-Abend, bei dem Zugaben eine Seltenheit sind, war es um so überraschender, dass zwei Sätze, das Scherzo und das Finale, wiederholt werden mussten. So konnte auch das hintersinnige Gerücht entstehen, das Werk habe fünf Sätze, von denen es sieben gäbe. Das Klavierquintett brachte Schostakowitsch den mit 100.000 Rubel dotierten Stalinpreis ein, wie man annimmt, die bis dahin größte Summe, die je einer Komposition zuteil wurde. Nun wurde er von der Prawda als "lyrisch klar, menschlich und einfach" gelobt. Die Gegenüberstellung der beiden Quintette auf der vorliegenden CD verdeutlicht den unterschiedlichen Ansatz der beiden Komponisten hinsichtlich der Anlage des Ensembles. Während Rubinstein zum größten Teil dem Klavierpart chromatische Dichtheit und die harmonische Führung im akkordischen Satz zuweist, überträgt er den Streichern im Allgemeinen melodische Aufgaben, meist in Oktavverdoppelung, was eine gewisse Kargheit im Klang entstehen lässt. Bei Schostakowitsch sind die Rollen im Allgemeinen umgekehrt verteilt, und die Arbeitsteilung ist überhaupt ausgewogener. Dies sollte keine Rückschlüsse auf sein Klavierspiel zulassen (er hatte sich beim Internationalen Chopin-Wettbewerb 1927 gut behauptet), wie das Scherzo bezeugen kann, sondern entspricht eher dem Wunsch, das Ensemble durch das Klavier nicht zu dominieren; eine Zurückhaltung, die dem Virtuosen Rubinstein nicht in den Sinn kam. Wie die 8. und 9. Symphonie und das 3. Quartett aus der Nachkriegszeit hat das Klavierquintett fünf Sätze. Der erste ist ein meditatives dreiteiliges Prelude, getragen durch deklamatorische Akkorde und eine mäandernde Melodie des Klaviers, bevor die Streicher zum Einsatz kommen. Der mittlere schnelle Teil baut sich von einer lyrischen Bratschen-Melodie durch dichtere Texturen zu einem enormen Höhepunkt auf, ehe er zum Material des Anfangs zurückkehrt. Die folgende Fuge, in ihrem thematischen Material langsam und trauervoll, erinnert an Bach in seinen kontemplativen Momenten. Das Scherzo zeigt dynamische, stürmische Rhythmen in seinen äußeren Teilen und eine an "Carmen" erinnernde Melodie mit einer sinnlichen Triole, die zunächst von der Bratsche präsentiert und sodann in einer zwei Oktaven entfernten Lage vom Klavier aufgenommen wird. Der vierte Satz ist ein wehmütiges Intermezzo, anfänglich, der breiten gemächlichen Melodie entsprechend, ruhig und zurückhaltend im Charakter, hin zu einem leidenschaftlichen Höhepunkt kurz vor dem Ende, wenn die Streicher paarweise im Oktaven-Dialog zusammengehen, während das Klavier im Trauer-Schritt fortfährt. Die Leidenschaften kühlen sich ab und leiten ohne Unterbrechung zum Finale in Sonaten-Form. Doch gelangt das Werk nicht etwa zu einem flammenden Abschluss; stattdessen tauchen – in einem unerwartet langsameren Tempo – Momente der Reflexion auf, um Fragen zu beantworten, die in den vorhergehenden vier Sätzen gestellt wurden; ein Kaleidoskop von Stimmungen, anfänglich ernsthaft und liebenswürdig, zum Schluss aber fast schelmisch und koboldhaft. Christopher Fifield
eda records | Kannegiesser, Maillard & Harders-Wuthenow GbR | Erkelenzdamm 63 | 10999 Berlin | Germany | info@eda-records.com
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