EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
IV: Erwin Dressel – Sonata Eb major op. 26 (1932)
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EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
I: Erwin Schulhoff – Hot-Sonate (1930)

1 Viertel = 66 EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
I: Erwin Schulhoff – Hot-Sonate (1930)
1 Viertel = 66

2 Halbe = 112 EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
I: Erwin Schulhoff – Hot-Sonate (1930)
2 Halbe = 112

3 Viertel = 80. Lamentuoso ma molto grottesco EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
I: Erwin Schulhoff – Hot-Sonate (1930)
3 Viertel = 80. Lamentuoso ma molto grottesco

4 Halbe = 132 EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
I: Erwin Schulhoff – Hot-Sonate (1930)
4 Halbe = 132

II: Wolfgang Jacobi – Sonata (1930)

5 Allegro, man non troppo EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
II: Wolfgang Jacobi – Sonata (1930)
5 Allegro, man non troppo

6 Sarabande EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
II: Wolfgang Jacobi – Sonata (1930)
6 Sarabande

7 Allegro EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
II: Wolfgang Jacobi – Sonata (1930)
7 Allegro

III: Ernst-Lothar von Knorr – Sonata op. postum (1932)

8 Fantasie EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
III: Ernst-Lothar von Knorr – Sonata op. postum (1932)
8 Fantasie

9 Allegro EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
III: Ernst-Lothar von Knorr – Sonata op. postum (1932)
9 Allegro

10 Allegretto scherzando EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
III: Ernst-Lothar von Knorr – Sonata op. postum (1932)
10 Allegretto scherzando

11 Signal EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
III: Ernst-Lothar von Knorr – Sonata op. postum (1932)
11 Signal

IV: Erwin Dressel – Sonata Eb major op. 26 (1932)

12 Moderato e cantabile EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
IV: Erwin Dressel – Sonata Eb major op. 26 (1932)
12 Moderato e cantabile

13 Intermezzo. Alla marcia, con grazio EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
IV: Erwin Dressel – Sonata Eb major op. 26 (1932)
13 Intermezzo. Alla marcia, con grazio

14 Adagio ma non troppo EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
IV: Erwin Dressel – Sonata Eb major op. 26 (1932)
14 Adagio ma non troppo

15 Allegro molto spirituoso EDA 21: Music for Saxophone from Berlin – Vol.1: 1930–1932
IV: Erwin Dressel – Sonata Eb major op. 26 (1932)
15 Allegro molto spirituoso

"Das Saxophon eignet sich am besten zum Ausdruck aller menschlichen und animalischen Gefühle (...) Die Konversation zwischen zwei Liebenden sollte sich männlicher- und weiblicherseits mit einem Saxophon vollziehen, wodurch die Libido keinerlei Abschwächung erführe. Ad infinitum erstünde ein erotisch gesundes Geschlecht, welches, mit dem Saxophon aufgewachsen, sicher keine Prüderie kennen würde." (Erwin Schulhoff in der Musikzeitschrift Der Auftakt, 1925)

In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann in Berlin eine kompositorische Auseinandersetzung mit dem Saxophon als klassisches Instrument. Unterbrochen durch Repression und Krieg fand sie ihre Fortsetzung erst in den 80er Jahren. Diese CD eröffnet eine dreiteilige Reihe, die Kompositionen für die Kammermusikgattung Altsaxophon und Klavier dokumentiert. Die Serie beginnt im Jahre 1930 und spannt einen Bogen in das kompositorische Geschehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Vol. 1 und 2 thematisieren die 30er Jahre (1930–1932, 1934–1938), Vol. 3 widmet sich der Musik ab 1982, wobei die jüngsten Kompositionen dem Duo Frank Lunte und Tatjana Blome zugeeignet sind.

Der aus einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie stammende Erwin Schulhoff wurde 1894 in Prag geboren. Früh erkannte man seine außerordentliche musikalische Begabung, mit zehn Jahren wurde er auf Empfehlung Antonín Dvořáks in die Klavierklasse des Prager Konservatoriums aufgenommen. Am Leipziger Konservatorium begann Schulhoff 1908 neben Klavier auch Komposition bei Max Reger zu studieren. 1913 schloss er seine Studien mit dem Wüllner-Preis in Köln ab. Als Pianist errang er im selben Jahr den Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Preis in Berlin, den er fünf Jahre später auch als Komponist gewann.

Nach dem Krieg, den er als Soldat in der österreichischen Armee verbrachte, ging Schulhoff nach Deutschland. 1922 zog er nach Berlin, wo man zu dieser Zeit das Saxophon vor allem als Instrument der Unterhaltungsmusik kannte. Dies lag zum einen an der nahezu ausschließlichen Verwendung des Saxophons im zumeist nächtlichen Amüsierbetrieb – allzumal in der klischeebeladenen Rolle eines grotesken oder erotischen I-Tüpfelchens; zum anderen wurde es in seiner Eigenschaft als Nebeninstrument häufig nur dilettantisch zu spielen verstanden. Die Reduzierung auf ein Unterhaltungs-Instrument machte es dem Saxophon nicht eben leicht, sich im klassisch-konzertanten Bereich Gehör zu verschaffen.

Vor diesem Hintergrund komponierte Erwin Schulhoff 1930 die Hot-Sonate für Altsaxophon und Klavier, in der er den scharf akzentuierten, synkopischen Hot-Jazz der 20er Jahre als stilistisches Mittel verwendete. Er stand zu diesem Zeitpunkt am Ende einer Periode, in der er sich vornehmlich mit neuer Tanzmusik und zeitgenössischem Jazz beschäftigt hatte, ein Genre, das er in der Hot-Sonate mit Formen der traditionellen abendländischen Musik zu verbinden wusste. Schulhoff nimmt unter den hier eingespielten Komponisten eine Sonderstellung ein, denn er verließ Berlin bereits 1923 wieder, da er keinen künstlerischen Anschluss fand. In Prag schrieb er die Hot-Sonate als Auftragswerk für die Berliner Funkstunde und spielte selbst die Uraufführung am 10. April 1930 mit dem amerikanischen Saxophonisten Billy Barton während einer Rundfunkübertragung. Auch sonst arbeitete er häufig als Pianist in Deutschland, wobei er neben Jazz und zeitgenössischer Musik auch mit klassischem Repertoire auftrat.

Mit den politischen Umwälzungen 1933 endete seine Karriere in Deutschland, da er aufgrund seiner jüdischen Abstammung und seiner Hinwendung zum Kommunismus unerwünscht war. Seinen Broterwerb bestritt er von nun an mit Gelegenheits- Engagements und plante, seine Lebenssituation durch eine Emigration in die Sowjetunion zu verbessern. 1941 erhielt Schulhoff die sowjetische Staatsbürgerschaft und ein Ausreise-Visum, von dem er jedoch keinen Gebrauch mehr machen konnte; durch die deutsche Kriegserklärung an die Sowjetunion wurde er unvermittelt zum Bürger eines Feindstaates, als solcher interniert und in das Konzentrationslager Wülzburg deportiert. Dort starb er am 18. August 1942 an Tuberkulose.

Schulhoff traf mit seiner Hot-Sonate den Nerv der Zeit. Nie zuvor hatte es in Deutschland eine Auseinandersetzung mit dem Saxophon als klassisches Instrument gegeben. In Frankreich, dem Mutterland des Saxophons, gab es schon bald nach der Erfindung des Instruments 1842 von Hector Berlioz, Jules Massenet, Georges Bizet, Vincent d'Indy bis hin zu Claude Debussy interessierte und experimentierfreudige Komponisten. Die Wertschätzung der deutschen Tonsetzer ließ jedoch noch lange auf sich warten. Ohne fähige und ambitionierte Saxophonisten auf der Basis eines universitären Ausbildungssystems war eine Popularisierung des Instruments auch nur schwer möglich. In Frankreich hingegen unterrichtete der Erfinder des Saxophons Adolphe Sax (1814–1894) persönlich am Pariser Konservatorium. Er begründete eine bis heute gepflegte Ausbildungstradition und motivierte eine Schar von qualifizierten Instrumentalisten, sich um die weitere Verbreitung des Saxophons in der Ernsten Musik zu bemühen.

Der Komponist und Musikpädagoge Gustav Bumcke (1876–1963) lernte im Jahre 1902 während eines Paris-Aufenthaltes den Sohn von Adolphe Sax kennen. Er kehrte mit acht Saxophonen in allen Größen nach Berlin zurück und begann das Instrument, aufbauend auf seinen Hochschulstudien in den Fächern Trompete und Klavier, in klassischer Manier zu erlernen. Bumcke unterrichtete bereits seit 1903 am Stern'schen Konservatorium in Berlin Musiktheorie, Harmonie und Komposition, ab 1924 gab er dort auch Saxophonunterricht und gründete die erste Saxophonklasse Deutschlands. Ende der 20er Jahre formierte er das "Erste Deutsche Saxophon-Orchester" sowie ein Saxophon-Quartett mit seinen Schülern Emil Manz, Carl Petzelt und seiner Tochter Hilde (Pseudonym Ingrid Larssen), das in den frühen 30er Jahren zu einem wichtigen und innovativen Bestandteil des Berliner Konzertlebens wurde.

Die Komponisten Wolfgang Jacobi, Ernst-Lothar von Knorr und Erwin Dressel begeisterten sich zu Beginn der 30er Jahre an dieser sich etablierenden Saxophon-Schule. Der seit 1919 in Berlin ansässige Wolfgang Jacobi war einer der ersten Komponisten, die sich für die neue Ästhetik des Saxophons erwärmten. 1894 in Bergen auf Rügen geboren, erhielt er in seinem engagierten Elternhaus frühzeitig kulturelle Impulse und fand Zugang zur klassischen Musik. Den Entschluss, sein Leben ganz in den Dienst der Musik zu stellen, fasste er mit 23 Jahren als Soldat in französischer Kriegsgefangenschaft. Tuberkulosekrank war er nach Davos zur Kur geschickt worden, wo er, beeindruckt von der Musik Ravels und Debussys, erste eigene Kompositionsversuche unternahm. Nach dem Krieg ging er nach Berlin, wo er bei Friedrich E. Koch bis 1922 Komposition studierte. Direkt nach Abschluss seines Studiums trat Jacobi eine Dozentur für Musiktheorie am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium an und arbeitete außerdem als freier Mitarbeiter für die Berliner Funkstunde. Jacobi selbst bezeichnete sich als "Neoklassiker", was sich in der klaren formalen Konzeption seiner Werke widerspiegelt. In seiner 1930 komponierten Sonate für Altsaxophon und Klavier verwendete er die Sonatenhauptsatzform als strukturelles Gerüst und fügt sich damit in den Kreis der auf dieser CD präsentierten Sonaten ein, die vom formalen Aufbau durchweg im klassisch-romantischen Stil gehalten sind.

Jacobis Werke entsprachen nicht den Vorstellungen der Nationalsozialisten, besonders der Menschenmaulwurf für gemischten Chor, Sprecher, Bariton-Solo und Blasorchester sorgte für Aufruhr. Die Komposition entstand für die Arbeiterchorbewegung und sollte 1933 uraufgeführt werden. Doch das Regime ließ es nicht soweit kommen, wie ein Brief des Arbeiter-Sängerbundes Berlin an Wolfgang Jacobi vom 4. April 1933 belegt: "Das, was seit langem zu befürchten war, ist nun leider eingetreten: der Gauvorstand hat gestern Abend beschlossen, die Jubiläumsfeier und damit auch die Uraufführung des Menschenmaulwurfs auf unbestimmte Zeit zu verschieben". Auf Jacobi aufmerksam geworden, verhängten sie ein Berufsverbot gegen den zudem als Halbjuden eingestuften Komponisten. Der Versuch einer neuen Existenzgründung in Italien 1934 scheiterte und er musste bereits ein Jahr später nach Deutschland zurückkehren. In München überdauerte er, noch immer mit Berufsverbot belegt, den Krieg und konnte erst nach Kriegsende wieder am musikalischen Geschehen teilnehmen. Mit großem Engagement leistete er einen bedeutenden Beitrag zur musikalisch-kulturellen Aufbauarbeit in seiner Wahlheimat und avancierte zu einer Schlüsselfigur im München der Nachkriegszeit. Wolfgang Jacobi starb am 15. Dezember 1972.

Der oben erwähnte Wegbereiter für das klassische Saxophon in Berlin, Gustav Bumcke, schuf eine ideale Basis für das Wirken eines weiteren Pioniers dieses Instruments. Der aus Wuppertal-Elberfeld stammende Sigurd Manfred Raschèr (1907–2001) etablierte sich Anfang der 30er Jahre als Solist und führte das Saxophon als Solo-Instrument in den klassischen Konzertbetrieb ein. Nach einem Klarinettenstudium in Stuttgart wechselte Raschèr zum Saxophon und zog nach Berlin, wo er auf eine interessierte Hörerschaft traf und sich rasch einen exzellenten Ruf als Virtuose erwarb. Sein außergewöhnliches Spiel regte viele namhafte und avantgardistische Komponisten an, für das Saxophon zu schreiben. So entstanden für ihn zwischen 1930 und 1940 etwa 50 Werke, darunter mehrere Saxophon-Konzerte. Von der konservativen Presse jedoch wurde Raschèrs Bemühung um die ihm gewidmeten Werke tendenziell negativ beurteilt, wobei seine instrumentalen Fähigkeiten stets gerühmt wurden. Der junge Solist hatte es (wie viele der ihm zugeneigten Komponisten) schwer, sich in der vorherrschenden reaktionären Stimmung zu behaupten. Persönliche Anfeindungen veranlassten ihn schließlich, Deutschland 1933 zu verlassen. Er ließ sich zunächst in Dänemark nieder, 1939 wanderte er in die USA aus. Dort setzte er seine Karriere fort und motivierte weiterhin viele Komponisten, für das Saxophon zu schreiben.

Neben Wolfgang Jacobi eigneten auch Erwin Dressel sowie Ernst-Lothar von Knorr ihm ihre Werke zu.

Der 1896 in Eitorf an der Sieg geborene Ernst-Lothar von Knorr erhielt aufgrund seiner außergewöhnlichen musikalischen Begabung früh Geigenunterricht und begann sein Musikstudium bereits im Alter von 11 Jahren am Konservatorium Köln. Mit 13 Jahren unternahm er erste Kompositionsversuche für sein Instrument, mit 15 Jahren wurde sein Geigenspiel mit dem Preis der Berliner Joseph-Joachim-Stiftung ausgezeichnet. 1915 bis 1918 war er Soldat an der Westfront. Geprägt durch die Kriegserlebnisse wollte von Knorr das Geigenspiel zunächst aufgeben, bis ihm 1919 eine Position als Violinlehrer an der Musikakademie Heidelberg angetragen wurde. In gleicher Stellung war er wenig später an der Mannheimer Hochschule und außerdem als Konzertmeister des Pfalz-Orchesters Ludwigshafen tätig. 1924 siedelte von Knorr nach Berlin über, wo er im Stadtteil Neukölln die erste Musikschule Deutschlands, die "Städtische Volks- und Jugendmusikschule", mitbegründete. Als Direktor dieses Novums leistete er einen überragenden Beitrag, Musik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es sprach für die Qualität der Bildungsarbeit an dieser Schule, dass kein Geringerer als Paul Hindemith für die Mitarbeit gewonnen wurde.

Zu Beginn der 30er Jahre wandte sich von Knorr auch neuen Kompositionstechniken zu. Er experimentierte gemeinsam mit Wolfgang Jacobi und Paul Höffer im Auftrag des Berliner Rundfunks auf dem Gebiet der elektronischen Tonerzeugung. Die ihnen im Funkhaus zur Verfügung stehenden Instrumente waren zwei Theremin-Vox-Apparate, zwei Trautonien, eine Vierling-Geige, ein Vierling-Cello, ein Neo-Bechstein-Flügel, zwei Vibraphone und Schlagzeug. Wieder einmal war Berlin Ausgangspunkt für derart innovative Projekte – doch diese ersten Versuche der elektronischen Klangerzeugung wurden im Jahr 1933 von Propagandaminister Joseph Goebbels verboten. Von Knorr befasste sich auch mit neuen Klangmöglichkeiten des Saxophons. In seiner Sonate für Altsaxophon und Klavier (1932) verwendet er die so genannte slap-tongue, einen perkussiven Effekt, der mit einer speziellen Zungentechnik zu erzielen ist. Zudem verlangt er die Verwendung des Hochtonregisters (vergleichbar dem Flageolett bei Streichinstrumenten), welches den normalen Tonumfang überschreitet; eine Technik, die zu jener Zeit von den wenigsten Saxophonisten beherrscht wurde. Der Umfang der Sonate beträgt drei Oktaven plus kleine Terz (d-f3). Der Widmungsträger Sigurd Raschèr ermutigte von Knorr jedoch zur Verwendung dieser extremen Lage, was der Expressivität des Werkes zugute kommt. Ein ebenfalls 1932 entstandenes Kammerkonzert für Klavier, Saxophon, Orchester und Chor wurde durch einen Bombenangriff 1944 vernichtet.

Von den Nationalsozialisten mit dem Verdikt "unerwünscht" versehen, konnte von Knorrs Musik bald nicht mehr aufgeführt werden. Um sich der Einflussnahme der Partei zu entziehen, nahm er von 1937 bis 1941 die Stellung des Musikreferenten im Oberkommando des Heeres (Musikcorps) an, das der Wehrmacht unterstellt war. Nach einer Aufführung des Brahms-Requiems 1943 in Frankfurt am Main trat ein ranghoher Partei-Funktionär an ihn heran. Von Knorr erinnerte sich in seinen Memoiren: "Der Gauleiter (Sprenger) musterte mich von oben bis unten und sagte: 'Ich vermisse Ihr Parteiabzeichen im Knopfloch.' Ich entgegnete hierauf sofort, daß ich kein Parteigenosse sei und deshalb auch kein Abzeichen trage. (...) Mit einer gewissen Schadenfreude setzte ich ihm auseinander, daß ich bis zum Antritt meiner Position in Frankfurt aktiver Offizier im Oberkommando des Heeres gewesen sei, so daß eine Mitgliedschaft in der NSDAP ausgeschlossen war." Auch spätere Forderungen ranghoher Funktionäre, der Partei beizutreten, konnte er umgehen. Nach dem Krieg nahm Ernst-Lothar von Knorr auch weiterhin eine wichtige Position als Komponist und Musikpädagoge ein. Am 30. Oktober 1973 starb er in Heidelberg.

Schon in jungen Jahren machte sich der 1909 in Berlin geborene Erwin Dressel mit Opernkompositionen einen Namen. Erst vierzehnjährig debütierte er mit einer Bühnenmusik zu Shakespeares Komödie Viel Lärm um nichts am Berliner Staatlichen Schauspielhaus. Seine musikalische Ausbildung erhielt Dressel in seiner Heimatstadt am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium. Ab 1919 war er dort Kompositions-Schüler von Wilhelm Klatte, 1924 wechselte er an die Hochschule für Musik zu Paul Juon. 1926 begann die Zusammenarbeit mit dem Dresdner Bildhauer und Schriftsteller Arthur Zweiniger, der ihm eine Reihe von Opernlibretti schrieb. 1928 wurde das erste gemeinsame Werk, die Oper Armer Kolumbus, mit großem Erfolg am Staatstheater Kassel uraufgeführt, woraufhin die Kritiker dem gerade 19-jährigen Komponisten eine glänzende Zukunft prophezeiten. Weitere Uraufführungen seiner Opern, die sämtlich auf Texten von Arthur Zweiniger basierten, folgten. 1927 bis 1928 leitete er die Schauspielmusik an den Städtischen Bühnen Hannover und war bis zum Krieg freiberuflich für den Rundfunk tätig.

Dressels Musik zeichnet sich durch eingängige, aber nicht triviale Melodik und opulente, dabei nicht bombastische Harmonik aus. In dieser Schreibweise ist auch die Sonate Es-Dur op. 26 für Altsaxophon und Klavier gehalten, besonders der erste Satz ist in seiner episch angelegten Form ein Beispiel dieser stilistischen Prägung. Er schrieb drei Werke für Saxophon und Klavier, zwei davon in den 30er Jahren. Die hier eingespielte Sonate entstand 1932 und ist wie alle späteren Werke für Saxophon (darunter zwei Konzerte) Sigurd Raschèr gewidmet. Nach seiner Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft konnte er an seine Erfolge in jungen Jahren nicht mehr anknüpfen. Als Komponist geriet er in Vergessenheit und lebte bis zu seinem Tod am 17. Dezember 1972 als freischaffender Musiker in Berlin.

Die hier eingespielten Werke entstanden noch vor der Machtergreifung 1933, die Kompositionen in Vol. 2 wurden zwischen 1934 und 1938 in der (teilweise inneren) Emigration geschrieben. Es sind Werke von Edmund von Borck, Paul Dessau, Bernhard Heiden, Erwin Dressel und Gustav Bumcke.

Tatjana Blome und Frank Lunte, Juli 2002

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